– Welche Kriterien werden angelegt und welches Siegel passt am besten zu unseren Anforderungen? –
Bei der Recherche nach möglichen Wanderungen stoßen wir immer wieder auf Auszeichnungen. Gefühlt jeder Wanderweg ist prämiert. Aber was bedeuten diese ganzen Siegel? Gibt es eine Auszeichnung auf die wir besonders achten können, da die angelegten Kriterien unseren persönlichen Anforderungen an einen guten Wanderweg entsprechen?
Die Antwort können wir vorweg nehmen: Nein, das perfekte Siegel, auf das wir uns blind verlassen können, gibt es nicht. Dennoch sind die Siegel vom Deutschen Wanderverband und vom Deutschen Wanderinstitut sehr gute Richtwerte. Was genau die Siegel aussagen, könnt ihr nun nachlesen:
„Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ vom Deutschen Wanderverband
Es handelt sich um ein Zertifikat des Deutschen Wanderverbandes. Dieses Siegel ist in das europäische Zertifizierungssystem „Leading Quality Trails – Best of Europe“ eingebettet.
Ursprünglich wurde der „Qualitätsweg“ mit dem Ziel der Verbesserung bereits vorhandener Streckenwanderwege entworfen. Heute sind eine Vielzahl neuerer und älterer Wege prämiert. Die Zertifizierung muss alle drei Jahre erneuert werden, sodass die Wege gut in Stand gehalten sein sollten.
Das Zertifikat kann für verschiedene Streckenlängen und -arten ausgestellt werden. Je nach Art der Wanderung variieren die Anforderungen. Es gibt ein Siegel für „lange Qualitätswege“ ab 25 km und acht verschiedene Siegel für kürzere Strecken von 2 – 25 km:
- traumtour – rundum gut
- regionaler genuss – kulinarisch wandern
- kulturerlebnis – Kultur am Wegesrand
- naturvergnügen – aktiv Natur erleben
- familienspaß – gemeinsam mit Spaß wandern
- komfortwandern – einfach und schön
- winterglück – Wandern in der kalten Jahreszeit
- stadtwanderung – Städte anders entdecken
Die Kriterien, die der Deutsche Wanderverband für die langen und die verschiedenen kürzeren Wanderwege anlegt, sind übersichtlich in zwei pdf-Dokumenten dargestellt, die ihr hier findet: https://www.wanderbares-deutschland.de/service/qualitaetsinitiativen/qualitaetswege
Im folgenden versuche ich darzustellen, wie diese Siegel zu unseren persönlichen Vorlieben passen.
Die Siegel „traumtour“ und „naturvergnügen“ entsprechen am ehesten unseren persönlichen Vorstellungen einer Wanderung. Neben Kriterien wie dem Vorhandensein von Wegweisern ist für uns insbesondere die Wegbeschaffenheit und die Umgebung, durch die der Weg führt, von größter Bedeutung. Beide Wege legen für uns keine perfekten Kriterien an, da bis zu 20 % bzw. 10 % der Gesamtstrecke auf Asphalt, Beton oder Pflastersteinen verlaufen dürfen und nur mindestens 35 % bzw. 55 % auf naturbelassenen Wegen verlaufen müssen. Weiterhin darf maximal 10 % des Weges an einer befahrenen Straße entlang führen, auch dies ist für unseren Geschmack leider zu viel. Eine „traumtour“ Wanderung kann, so wie viele andere Wanderungen auch, wunderschön sein, doch das Zertifikat ist für uns zu schwach. An dem Siegel „naturvergnügen“ werden wir uns in der Zukunft gewiss häufiger orientieren. Dennoch ist auch dies kein Garant, dass die Wanderstrecke für uns genügend schmale Pfade aufweist und „perfekt“ sein wird.
Die Wanderstrecken ab 25 km Länge werden für die Bewertung in vier Kilometer Abschnitte aufgeteilt. In jedem Abschnitt wird der Weg anhand von 9 Kernkriterien und 23 Wahlkriterien untersucht. Bei den Wahlkriterien führt die Erfüllung der Grenzwerte zur Vergabe von jeweils ein oder maximal zwei Punkten. Für das Prädikat „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ sind pro 4 km-Abschnitt 11 Punkte aus den Wahlkriterien notwendig. Die Kernkriterien müssen über die Gesamtstrecke erfüllt werden.
Ähnlich wie bei den kürzeren Wanderwegen sind auch hier bis zu 20 % der Gesamtstrecke und maximal 3 km am Stück auf Asphalt, Beton oder Pflastersteinen erlaubt. Nur mindestens 35 % müssen auf naturbelassenen Wegen verlaufen. Weiterhin darf maximal 10 % des Weges und maximal 3 km am Stück entlang einer befahrenen Straße verlaufen. Genauso wie bei den kürzeren Strecken wären uns höhere Anteile an natürlichen und möglichst schmalen Wegen abseits von jeglichen Straßen lieber.
Dies sind jedoch nur die Pflichtkriterien, zum Erreichen der notwendigen Punkte. Durch die Wahlkriterien können sich diese Werte zum Guten verschieben: Einen Punkt gibt es für maximal 500 m auf asphaltierten und ähnlichen Wegen. Ein weiterer Punkt wird vergeben, wenn maximal 50 m auf und 300 m neben befahrenen Straßen verlaufen. Eine Wegführung auf naturnahen Wegen ab einem Kilometer wird ebenso mit Punkten belohnt. Ganz besonders interessant für uns ist, dass auch Pfade mit unter einem Meter Wegbreite zu einer Bepunktung führen. Des Weiteren belohnt das Punktesystem eindrucksvolle Aussichten, Naturattraktionen und Sehenswürdigkeiten entlang des Weges.
Gleichzeitig gibt es jedoch auch Wahlkriterien, die dem Weg Punkte bringen, aber für uns keinen Mehrwert darstellen. So führen Gastronomie oder Rastmöglichkeiten nicht dazu, dass uns eine Wanderung besonders gut gefällt. Diese für uns weniger wichtigen Kriterien sind jedoch deutlich in der Unterzahl.
Die Kriterien für das Siegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ sind sehr detailliert und vielfältig. Hierdurch wird eine große Bandbreite an verschiedenen Wegen prämiert. Gleichzeitig ist es leider nicht möglich zum Beispiel nur nach Wanderungen mit einem hohen Pfadanteil zu filtern, sodass dieses Siegel für uns nur ein Anhaltspunkt sein kann. Ein prämierter Weg muss nicht automatisch auch unserem Geschmack entsprechen. Durch die Bepunktung von eindrucksvollen Aussichten, Naturattraktionen, Sehenswürdigkeiten und auch der Wegbeschaffenheit ist die Wahrscheinlichkeit hierfür jedoch sehr hoch.
„Premium Wanderweg“ vom Deutschen Wanderinstitut
Das Siegel „Premium Wanderweg“ wird vom Deutschen Wanderinstitut ausgestellt. Der Fokus dieses Siegels liegt vorrangig auf Rundwanderwegen und deren Nutzen für Touristen.
Es existieren vier verschiedene Zertifikate: Premium-Wanderweg, Premium-Wanderregionen/-orte, Premium-Spazierwanderwege und Premium-Stadtwanderwege. Im folgenden konzentriere ich mich auf die Premium-Wanderwege und die Premium-Wanderregionen/-orte, da kurze Spaziergänge bis sieben Kilometer Länge und das Besichtigen von Städten nicht in unserem Fokus steht.
Das Deutsche Wanderinstitut legt auf seiner Homepage die Kriterien für das deutsche Wandersiegel „Premium-Wanderweg“ detailliert dar: https://www.wanderinstitut.de/download/datenblatt-wandersiegel-premiumweg.pdf
Es gibt insgesamt 34 Qualitätskriterien, die je 1-Kilometer-Abschnitt betrachtet werden. Hierbei wird das Erfüllen der positiv anzusehenden Kriterien genauso wie das Vorhandensein von das Wandererlebnis beeinträchtigenden Kriterien gegeneinander gerechnet. Nur innerhalb eines Abschnittes von vier Kilometern ist es möglich, dass weniger schöne Wegteile durch starke Passagen ausgeglichen werden. Hierdurch soll ein stimmiges Gesamterlebnis erreicht werden. Eine Zertifizierung erfolgt weiterhin ausschließlich dann, wenn der Weg insgesamt eine Mindestpunktzahl erreicht.
Einige dieser Qualitätskriterien passen für uns sehr gut, andere wären uns weniger wichtig. Ein Premium-Wanderweg soll gut markiert sein. Ein Wegverlauf durch Wald, Heideflächen, Moorlandschaften, Streuobstwiesen sowie Schluchten, Klammen, Höhlen und begehbare Stollen wird ebenfalls positiv angerechnet. Auf der anderen Seite werden reizloses und versiegeltes Gelände sowie Industrie oder im Wegverlauf doppelt zu begehende Streckenabschnitte abgewertet. Dies gefällt uns sehr. Die Wegführung sollte nicht in der Nähe von Durchgangsstraßen oder gar Hauptstraßen sowie Bahn-Hauptstrecken verlaufen, jedoch ist ein Anteil von bis zu 10 % der Gesamtstrecke toleriert. Dies ist für unseren Geschmack noch zu viel.
Der Beschaffenheit des Weges ist für uns der wohl wichtigste Aspekt und hier reichen uns die angelegten Maßstäbe leider nicht aus. Das Deutsche Wandersiegel erlaubt bis zu 15 % der Strecke als Verbunddecke und gibt als empfohlenen Richtwert für Naturbelag nur 35 % an. Hierbei darf der Weg jedoch nicht mühsam zu begehen sein, was bereits zugewachsene oder grob steinige Passagen beträfe. Auch umgestürzte Bäume oder Brücken, die eine Gehhöhe von mindestens 1,40 m unterschreiten, werden negativ bewertet, von uns jedoch eher als „interessant“ empfunden. Lediglich bei der Wegbreite können wir dem Wandersiegel zustimmen, dass schmale Pfade und Pfade, auf denen maximal zwei Personen nebeneinander gehen können, ein wertvoller Bestandteil einer Wanderung sind.
Premium-Wanderorte/-regionen haben eigene Kriterien zu erfüllen. Die Prämierung als Wanderort kann nur eine einzelne Kommune beantragen, die Prämierung als Wanderregion gilt für größere Regionen, die die über die Verwaltungsgrenzen einer einzelnen Kommune hinausgehen.
Neben der Erfüllung von Kernkriterien ist das Erreichen von mindestens drei Wahlkriterien Voraussetzung. Für dieses Siegel werden jedoch keine Kriterien angelegt, die die eigentlichen Wanderwege betreffen. Wenn in einer Region mindestens sieben und in einem Ort mindestens drei prämierte Wanderwege vorhanden sind, geht es hier wirklich um das Große und Ganze wie zum Beispiel ein Mobilitätskonzept, die Internetpräsenz und das Beherbergungs- und Gaststättenangebot.
Alles in allem stufen wir das Deutsche Wandersiegel „Premium Wanderweg“ für uns etwas schwächer ein als das Siegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“, da hier die Auflage für die Wegbeschaffenheit bezüglich natürlicher Wege, die uns jedoch äußerst wichtig ist, zu niedrige Mindestanforderungen erfüllen muss.
„Top Trails of Germany“ oder „Premium Wanderwelten“
Hierbei handelt es sich nicht um Zertifizierungen mit eigenen Gütesiegeln, sondern um Zusammenschlüsse von Streckenbetreibern und Marketing Gemeinschaften. Diese dienen der Vermarktung der durch das Deutsche Wanderinstitut oder durch den Deutschen Wanderverband prämierten Wege.