von Torsnesstølen nach Hov Hyttegrend
Start: Torsnesstølen | Ziel: Hov Hyttegrend
Länge: 13 km | HM: 330 m | Gehzeit: 5 Std. | Gesamtzeit: 5,5 Std.
Bewertung: ★★★★☆
Wer in Norwegen Wasserfälle haben möchte, der bekommt viel Wasser – sowohl neben dem Weg als auch direkt darauf. Dies gilt insbesondere bei unserer Regenwanderung auf dem Wasserfallsteig Fossestien.
Der Wasserfallpfad ist eine Streckenwanderung von 21 Kilometern Länge, die vom Gaularfjellet bis ins Viksdalen führt. Der Rother Wanderführer empfiehlt die Strecke von Torsnesstølen zum Hov Hyttegrend, welche wir heute bestreiten. Wanderstart für die 13 Kilometer lange Strecke ist am Parkplatz Torsnesstølen. Alternativ besteht die Möglichkeit einer kürzeren Wanderung von acht Kilometern, die beim Wasserfall Longestølen beginnt.
Beide Orte sind über einen Fahrservice vom Endpunkt, dem Hov Hyttegrend, aus erreichbar. Der inzwischen betagte Inhaber Ottar der urig wirkenden Campinghütten bietet jeden Morgen um 10 Uhr eine Fahrt zu den beiden Ausgangspunkten an. Erwachsene kosten 40 NOK und Kinder 20 NOK. Unser Sohn hat jedoch nichts bezahlen müssen, da er auf dem Schoß mitfahren konnte. Wir empfinden das Shuttle für norwegische Verhältnisse als sehr preiswert. Mit uns werden zwei junge Pärchen gefahren, die bereits in Longestølen aussteigen.
Ottar berichtet auf der kurzen Fahrt, dass es jederzeit beginnen könne zu schneien. Daher werden die Schafe und Ziegen in den ersten beiden Septemberwochen von den Almen in niedrigere Lagen getrieben. Ab November wird der Schnee liegen bleiben und die Gebirgsstraße für den Winter gesperrt. Er erzählt uns, dass selbst bei Freigabe der Straße im Mai noch immer meterhoch Schnee neben der Straße liegen werde.
Heute ähnelt die Straße einer Weide. Am Morgen standen wir bereits inmitten einer Herde gemächlich gehender Ziegen. Auch jetzt während des Shuttles zum Ausgangspunkt der Wanderung stehen noch viele Ziegen gemütlich am Rand und auf der Straße. Dazu treffen wir auf mehrere Kühe, die seelenruhig die Straße queren. Laut Ottar gehören sie zu einer alten, regionalen Rasse und werden von einem lokalen Bauern, der im Ort ein Restaurant betreibt, für ihr Fleisch gehalten.
Nach kurzer Fahrt werden wir von ihm am Parkplatz Torsnesstølen an der Landschaftsroute Gaularfjellet verabschiedet. Vorsichtshalber bekommen wir von ihm noch einen Flyer der Wanderung in die Hand gedrückt. Wenige Meter ist unser Weg mit dem bekannten roten „T“ markiert, dann zweigt deutlich schmaler und natürlicher der mit einem roten „F“ markierte Fossestien ab. Im gleichmäßigen Regen wandern wir die ersten fünf Kilometer über einen naturbelassenen schmalen Pfad. Steine auf dem Trail erfordern es jeden Schritt achtsam zu setzen. Ein Schritt auf einen Fels rauf, dann wieder einer hinunter, so wird es anstrengend. Schnell sind unsere Hosenbeine von den Büschen am Wegesrand durchnässt.
Die Route führt entlang des wilden Flusses Gaula. An den Felsen im Flussbett bricht sich das Wasser und weiße Gischt stürmt umher. Außerhalb dieser Stromschnellen beruhigt sich der tosende Fluss. So leitet uns der Fossestien auch entlang der ruhigen Seen Holmevatnet, Byttevatnet und Myravatnet. 14 Wasserfälle verspricht die Tourenbeschreibung. Diese können wir nicht alle ausmachen. Vermutlich verbergen die tiefhängenden Wolken einige Wasserfälle an den umliegenden Berghängen und vielleicht wird auch die ein oder andere Stromschnelle als Wasserfall mitgezählt.
Quatsch, quatsch, quatsch. Schon nach einem Viertel des Weges haben sich Tobis eigentlich dichten Wanderstiefel mit Wasser gefüllt und geben nun jeden Schritt schmatzende Geräusche von sich. Mehrfach fragen wir uns, warum wir in diesem Regen hier durch den Matsch waten. Ganz besonders sumpfige Stellen werden von Holzstegen überbrückt. Rund um die Alm Longestølen nimmt die Zahl dieser Plankenpfade zu. Häufig bilden auch im Matsch liegende Steine Tritte. Nahe der Alm ist es flacher und auf den Wiesenpfaden nahe des Ufers lässt es sich zügiger gehen. Der Regen lässt nach und unsere Laune steigt.
Schon bald wird es wieder anspruchsvoller. Nun geht es wellig am Hang entlang. Die Zahl der Blaubeersträucher nimmt zu. Wäre nicht alles nass und hätten wir nicht das Gefühl möglichst zügig zurück zum Wohnmobil laufen zu müssen, dann hätte ich mit Sicherheit mehr der leckeren Früchte genascht. Das Gelände wird waldig. Der sumpfige Pfad ist von glatten Baumwurzeln durchzogen und mit Tannennadeln bedeckt. Mehrfach rutschen wir weg oder sinken knöcheltief im Schlamm ein.
Zwei Frösche springen vom Weg und sind im Laub kaum zu erkennen. Für sie ist dieses feuchte Wetter ein Traum. Natürlich hat es längst wieder begonnen zu regnen. Wir queren Zubringerflüsse über Brücken mit hölzernen Gattern, die Schafe davon abhalten ihre Weiden zu verlassen. Tatsächlich sehen wir kurz vor dem Ziel einige Schafe mit blauen Besitzmarkierungen nahe einer Alm. Unser Sohn springt fast aus der Kraxe und freut sich riesig über die Tiere.
Kurz vor dem Ziel steigen wir ein wenig auf und gehen eine Zeit lang über vor Nässe schmierige Felsrücken. Wir treffen wieder auf die beiden Pärchen, die sich mit uns das Shuttle geteilt haben. Sie haben einen großen Beutel Pfifferlinge gesammelt. Eine der Frauen erzählt, dass sie schon zu Kindheitstagen regelmäßig hier mit ihren Eltern Urlaube verbracht habe. Der inzwischen gealterte Platzwart Ottar habe sie alles gelehrt, was sie über Pilze und Beeren sowie das Fangen von Fischen wisse.
Kurz vor dem Hov Hyttegard zweigt der Fossestien im Wald zwischen Birken nach rechts ab und führt beinahe ausschließlich über Holzstege hinauf zu einer metallenen Brücke. Wir queren den Wasserfall Likholefossen und treffen auf einige Spaziergänger. Vermutlich wohnen sie in einer der Campinghütten und nutzen die kurze Regenpause um sich die Füße zu vertreten.
Mit unserem Ankommen am Wohnmobil setzt der Regen bereits wieder ein. Wir freuen uns darüber endlich die nassen Schuhe aus- und trockene Hosen anzuziehen. Mit einem heißen Tee in der Hand lassen wir die Wanderung Revue passieren.
Der Fossestien wird von Holzplankenpfaden, Brücken und steinernen Tritten charakterisiert, die durch moorig-sumpfiges Gelände führen. Das nasse Wetter trübt unseren Eindruck, doch selbst so hat uns dieser Steig sehr gut gefallen. Wir sind mit der falschen Annahme viele imposante Wasserfälle aus nächster Nähe zu sehen, an diese Wanderung gegangen. Erwartet ihr jedoch eine eindrucksvolle Sumpflandschaft, naturbelassene Pfade, die von Blaubeersträuchern gesäumt sind, sowie die Begleitung durch einen wilden Fluss, dann wird euch der Fossestien sehr gefallen.
Gesamtanstieg: 575 m
Gesamtabstieg: -861 m
Info: Die Angaben der Höhenmeter werden leider nicht richtig angezeigt. Die Angabe unter dem Titel ist korrekt.
Diese Tour ist Teil eines Roadtrips durch Norwegen. Hier findest du die übrigen Wanderberichte aus Norwegen.